HELENA WALDMANN
Mit Made in Bangladesh war Helena Waldmann zuletzt 2014 in Luxemburg zu Gast. 2017 widmet sich die Berliner Choreographin einem weiteren Aspekt der Globalisierung mit Gute Pässe Schlechte Pässe.
Im Mittelpunkt des Stückes – und ebenso zentral auf der Bühne – steht eine Mauer aus Menschen, die zwei Tanzensembles voneinander trennt. Das Wesen der Grenze, einerseits das Streben nach Abschottung, andererseits die Sehnsucht, Trennendes zu überwinden, das sind die Themen die hier tänzerisch zur Sprache kommen. Der Titel Gute Pässe Schlechte Pässe bezieht sich dabei auf die asymmetrisch ausgestaltete Reisefreiheit: Während Deutsche oder Luxemburger mit ihren EU-Dokumenten ohne Visum in viele Länder der Welt reisen können, wird umgekehrt Flüchtlingen oder Migranten der Weg nach Europa zunehmend versperrt.
Helena Waldmanns Inszenierung ist daher auch eine Ermutigung, die scheinbare Selbstverständlichkeit von Grenzen und den überkommenen Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts zu hinterfragen. So ist das Projekt auch bewusst grenzüberschreitend konzipiert. Die Choreographin selbst ist seit vielen Jahren auf nahezu allen Kontinenten unterwegs – nicht nur, um weltweit ihre Stücke aufzuführen, sondern auch, um künstlerische Kollaborationen zu betreiben und daraus Inspiration für ihre Arbeit zu ziehen. Aus diesem globalen Blickwinkel heraus ist Gute Pässe Schlechte Pässe entstanden.
» Zirkus trifft Hochkultur: In dem Tanztheaterstück Gute Pässe Schlechte Pässe, das im Ludwigshafener Pfalzbau uraufgeführt wurde, lässt Helena Waldmann zwei Kulturen aufeinanderprallen und das Publikum über die Frage grübeln: Warum brauchen wir Grenzen? Von Slapstick im einen Moment wechselt die Berliner Regisseurin zu bitterster Gesellschaftskritik im anderen: vielschichtig, verstörend und extrem mitreißend. Die Rheinpfalz, Antje Landmann
» Das Stück verbindet politische Aussage und Tanz zu einem Powerpaket, das keinen kaltlassen kann. Neue Zürcher Zeitung zu Made in Bangladesh, Lilo Weber
» Das politische Tanztheater ist nicht tot. Es ist nicht einmal vom Aussterben bedroht […]. Die jüngsten Stücke der Berliner Choreographin machen Hoffnung, dass der Tanz sich auch künftig einzumischen vermag in den Weltenlauf, ohne in Agitprop auszuarten, und dass Abstraktion nicht notwendigerweise Eskapismus bedeutet. Unter dem Titel Letters from Tentland erforschte Waldmann gemeinsam mit einer Gruppe iranischer Frauen den Begriff der Freiheit und erfand die geniale Metapher der tanzenden Zelte, um sowohl die unendlichen Möglichkeiten als auch den begrenzten Raum unserer Freiheit zu illustrieren. Dass die Arbeit im Iran entstehen konnte, wo der Bühnentanz seit über 20 Jahren tabu ist, bewies einmal mehr die grenzüberschreitende Kraft des Ästhetischen. 43 fulminante Gastspiele in 17 Ländern absolvierte das Ensemble, bis die iranische Regierung schließlich einschritt und den Tänzerinnen nahelegte, das Tanzen in ihrem eigenen Interesse lieber sein zu lassen. Daraufhin castete Helena Waldmann sechs Exil-Iranerinnen für eine Reprise. Return to Sender heißt dieser neuerliche Entgrenzungsversuch, […]: eine Intervention auch gegen die Beschränktheit unserer aktuellen Migrationsdebatte und gegen die apokalyptische Rhetorik der Clash-of-Cultures-Propheten. „Meine Zelte sind wie Briefumschläge, und die darin enthaltenen Menschen sind Botschaften, die man sich auch einmal bemühen muss zu lesen“, sagt sie. Was wüssten wir schon über iranische Frauen? Und worin bestehe denn unsere eigene viel gepriesene Freiheit wenn nicht in der Chance, die Welten außerhalb unserer vertrauten Welt zu entdecken? „Doch nicht im Konsumterror oder darin, dass wir im Minirock rumlaufen.“ Helena Waldmanns Methode ist Aufklärung der Aufklärung, also radikale Infragestellung, auch unserer selbst. Jahrbuch ballettanz 2006, Evelyn Finger
Tanzregie, Konzept & Bühne Helena Waldmann
Licht Herbert Cybulska
Kostüm Judith Adam
Produktion Helena Waldmann, ecotopia dance productions
Koproduktion Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, Theater im Pfalzbau Ludwigshafen, Hessisches Staatsballet, Colours International Dance Festival, Kurtheater Baden, Kaserne Basel, Forum Freies Theater Düsseldorf, Tafelhalle Nürnberg
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes
Premiere am 4. März 2017 im Theater im Pfalzbau Ludwigshafen
Mardi 9 MAI 2017 à 20h00
DURÉE environ 1h00 (pas d’entracte)
Adultes 20 € / Jeunes 8 € / Kulturpass bienvenu
Lieu: Grand Théâtre / Studio